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Voller Humor, aber niemals verletzend

Gespannte Erwartung herrschte am Nachmittag des Kerbsonntags auf dem Marktplatz. Schließlich war es wie alle Jahre ein gut gehütetes Geheimnis, wer wohl der Kerbvadder 2005 sei, den gleich die Ehre des Kerbstraußsteckens ereilen würde. Der TG-Spielmannszug, gefolgt von Majoretten und Kerbanhängern, bahnte schließlich den Weg für den geschmückten Traktor, auf dessen Hänger die Ober-Röder Kerbelite traditionell direkt vor den Gasthof „Zum Löwen“ gebracht wurde. Darauf sang und feierte der Kerbverein, der dieses Jahr die mangelnden Kerbburschen und - meedscher ersetzte, allen voran mit Glocke und Weinflasche in der Hand Andreas Zöller.

Kerbspruch Andreas Zöller

Kerbvadder Andreas Zöller beim Kerbspruch (Foto: Ziesecke)

Der Kerbvadder von 1998 war erneut in diese Rolle geschlüpft und ließ sich auch nicht lange zum Kerbspruch bitten. In launigen und humorvollen, nie verletzenden Versen brachte er all das lautstark zu Gehör, was Ober-Roden seit der letzten Kerb bewegt hatte und was von den zum Teil schon etwas reiferen Kerbvereinsaktiven zusammen getragen worden war.

Vom neuen „Forum St. Nazarius“ war die Rede, aus dem es einige Zeitgenossen vertrieben hatte, weil man nicht drin rauchen darf. An die Eichenprozessionsspinner erinnerte man sich, die womöglich doch den Walldürn-Wallfahrern antichristlich in die Quere kamen. Zentraler Punkt war die Bürgermeisterwahl. Dass sich dabei Taktierer auf Verlierer reimte, war sicher nur Zufall. Dass „der Neue“ den ersten Betriebsausflug per Fahrrad auf die Gänsbrüh lenkte, dem konnte der Kerbvadder nur Gutes abgewinnen: „... das erste Mal, dass jeder Mitarbeiter der Stadt geschafft und geschwitzt mal hat!“

Die 1:12-Niederlage der Viktoria-Holzer gegen die Eintracht-Adler wurde ebenso liebevoll kommentiert wie der Treppensturz von Jörg Rotter: „Bist halt ein Mensch, kein Zitronenfalter!“ Die neuerdings in Urberach frühschoppenden „Freunde der Nacht“ bekamen ihr Fett weg, die an Kerb kickende TS natürlich auch. Schließlich erklärte Andreas Zöller auch einleuchtend, warum die hohen Benzinkosten die Menschen doppelt belasten: Man trinkt viel mehr, weil man aus Sparsamkeit das Auto zu Hause lässt: „Schuld am Suff ist nur das Öl!“

Das Publikum - gerne hätte es noch etwas mehr sein dürfen - lohnte ihm seine Sprüche mit lautem Gelächter und dankbarem Beifall, dankbar auch dafür, dass der Kerbvadder tatsächlich nicht nur rhetorisch, sondern auch musikalisch einen guten Eindruck machte und die traditionsreichen Kerblieder nicht als Strafe, sondern fast schon als Genuss empfunden wurden. „Wir sind aus Ober-Roden, und nicht aus Rödermark, und deshalb sind wir alle gemeinsam ja so stark!“ - mit diesem lokalen Ausrufezeichen besangen die Alt-Kerbburschen und Maja Hruban ihre Heimatliebe, doch das war‘s auch schon fast mit der üblichen Ortsteilschelte - wie beim Kerbspruch verliefen alle Gags ausgesprochen humorvoll und nie bissig.

Mittels langer Leiter wurde schließlich der Kerbstrauß in ihre Halterung am „Mortsche“ gesteckt, mit Wein begossen und der Kerbpuppe „Luis dem 14.“ der Kopf auf seinem luftigen Sitz noch mal rasch grade gerückt.

Um einen Tag vorverlegt hatte der Kerbverein sein Schubkarrenrennen. Das Mitmachen lohnte sich, gab es doch Reisegutscheine nach Prag und München und Essengutscheine für Ober-Röder Wirtschaften zu gewinnen.

Schubkarren-Rennen

Schubkarren-Rennen (Foto: Ziesecke)

Da Titelverteidigerin Mechthild Zöller, die drei Jahre lang gewonnen hatte, den neuerlichen Vergleich scheute, mussten neue Meister gefunden werden, und gemeinsam mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Jörg Rotter lieferte Bürgermeister Roland Kern die Generalprobe für den riskanten Parcours ab - rohe Eier, klebrige Mohrenköpfe, Wasserschüsseln, Pylonen, Wippen und mehlgefüllte Luftballons erforderten Feingefühl und Schnelligkeit, und wer das Ei nicht schon unterwegs vom Löffel verlor, setzte sich spätestens nach dem Fahrerwechsel in der Schubkarre drauf. Eine Gaudi war‘s für alle, die von der Stoppuhr gehetzt die Strecke umrundeten oder am Rand schadenfroh auf die nächsten Katastrophen warteten. Sieben Zweierteams von ganz Jung bis recht Gereift, ausschließlich männlicher Art, nahmen die Herausforderung an; am Ende hatten Stefan Zerling und Julian Roski mit 1:15 Minuten vor der „Trinkhallencrew“ die Nase vorn und die Prag-Reise gewonnen.

Spontan stiftete Stadtjugendpfleger Andreas Jacobsen noch einen Trostpreis für das unfitteste Team, nämlich eine geführte Bergtour in Ober-Roden mit Jause.


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