Oweräirer Kerb 2007
Statt Freibier gab’s erst nur Freischaum
Ober-Röder feierten ihre Kerb bei schönstem Spätsommerwetter / Programm zwischen Tradition und kleinen Neuerungen
Tradition wird zur Zeit groß geschrieben zwischen Rathaus und Mortsche - vom Kerbausgraben übers Kerbbaum pflanzen, Kerbbaum stellen und den Kerbspruch bis hin zur Kerbbeerdigung am Montag Abend hat alles seine Geschichte und wird wie eh und je gefeiert. Dazu kommen rund um den „Rodgaudom“ einige Neuerungen, die sich gut eingefügt haben, so etwa die Kinderkerb am Samstagnachmittag oder die Eröffnung mit Musik in der „Dinjer-Scheuer“. Vor der Scheune der Familie Tüncher hatten die teilweise etwas betagteren Kerbvereinsaktivisten mangels junger Kerbburschen die Kerbbopp namens Willi inthronisiert.
Bereits den 16. Zwetschgenbaum seit „Waldemar“ im Jahr 1993 setzen die Kerbvereinsmitglieder am Samstagmittag hinter dem TG-Sportplatz. Wer im Verein im zurückliegenden Jahr Nachwuchs bekommen hat, spendet den Baum - so kam es zu 16 Bäumen, da sich im vergangenen Jahr mit Maria und Connor zwei Kerb-Kinder eingestellt hatten. In diesem Jahr nun ist es Leo, der darauf hofft, irgendwann mehr Obst als seine Vorgänger zu tragen, die nämlich alle mit dem kargen Untergrund kämpfen.
Während der gerade mal drei Wochen alte Namenspatron Leo in den Armen seines Vaters Norbert Hruban das Geschehen verfolgte und seine Mutter mit kräftiger Hilfe den Baum ins Erdreich versenkte, begoss Bernd Krickser ihn mit einem guten Schuss Bier und mit launigen Worten: „Jeds Joar soll e Baam gespendet soi von der Familie, die wo e Bobbelsche gekriecht hon ...“.
Munter weiter gings dann im „Dinjer-Hof“ mit dem Kerbbaum-Stellen, ehe endlich Jörg Rotter den entscheidenden Satz sagte: „Ja, liewer Borjermeister, kumm jetzt her zu mir und stech es an, des Fässche Bier!“ Der ließ sich auch nicht zweimal bitten und schaffte mit sauberer Leistung einen perfekten Anstich, dem allerdings viel Schaum in den Freibier-Gläsern folgte. „Tradition beginnt jeden Tag neu, und heute hier ganz besonders!“, freute sich Roland Kern und eröffnete selbst gleich eine neue: „Jedes Jahr einen Dinjer-Spruch uffsage“, den er mit den Worten begann: „Ja, am beste kann man feiern in ner scheene alte Scheiern!“
Während es bei Zuckerwatte, gebrannten Mandeln und Lotterielosen noch relativ ruhig zuging, herrschte rund um den „Knochen“ schon Hochbetrieb: Erstmalig hatten die Ortsvereine gemeinsam ein Spielmobil organisiert, dessen Geräte - allem voran eine lange Hüpfstraße - starken Zulauf verzeichneten. Dutzende von Kindern genossen den Spaß, der von Mitgliedern der TG, der Lehr‘schen Chöre und des Kerbvereins betreut wurden.
Der Abend bescherte vor allem den großen Zelten von Germania, TG und Lehr‘schen Chöre gewaltigen Zulauf. Wo Musik spielte, war auch Stimmung angesagt; während es auf den Straßen relativ manierlich zuging, war in den Zelten teilweise kaum mehr Luft zum Atmen.
Wer am Sonntag direkt aus der Frühmesse in der St. Nazarius-Kirche zum Frühschoppen weiterwanderte, konnte sich mittags mit original Owweräirer Gerichten verwöhnen lassen, ehe der Umzug des Kerbvereins von der „Eisenbahn“ zum „Mortsche“ lockte, wo der Kerbspruch 2007 verlesen wurde.
Am Montag um 21 Uhr wurde Kerbborsch Willi in einer schaurig-schönen Zeremonie am Gleisdreieck zu Grabe getragen.
Schajjärn beim Dinjer
Eröffnung der Ober-Röder Kerb in historischer Hofreite
„Ja, am beste kann mer fajjärn / in dene schäine aale Schajjärn / Grad nähwe derrär graosse Kersch / gefellt`s uns gut, des aal Gelersch / un in de krumme winklisch Gässjär / schmecke aach die klinnste Fässjär“. So lautet der „1. Dinjer-Spruch“, den Bojjemaostär Roland Kern bei der offiziellen Kerberöffnung am Samstag vortrug und dann an den soeben gestellten Kerbbaum nagelte. Er hoffe, dass sich so eine neue Tradition gründe, die durch weitere Sprüche in den kommenden Jahren fortgesetzt werde.
Zuvor hatte Roland Kern das Festbier angestochen, um so die Ober-Röder Kerb zu eröffnen und auf das Volksfest im Ortskern mit den Anwesenden anzustoßen. Eine Novität der traditionsreichen Ober-Röder Kerb stellte die Aufstellung der schlanken, mit bunten Bändern geschmückten Birke in der renovierten „Dinjer“-Hofreite dar. Als einen „Quantensprung der Steigerung der Lebensqualität“ empfand es Kern, dass dieses Ereignis nun im wirklichen alten Ortskern an historischer Stelle stattfand.